Sonntag, 1. Dezember 2013

Wirtschaft, 01. Dezember 2013


1104 Alles Leben ist Wirtschaft? (2): Wasser


Die Bedürfnisse gliedern sich also in Existenz-, Grund- und Luxusbedürfnisse. Die Existenzbedürfnisse zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass wir sie unbedingt befriedigen müssen, so weit wir die Absicht zu haben zu überleben, was die meisten von uns wohl tun wollen, sobald sie in dieses Leben geschickt wurden. Wir können nicht einfach sagen, ich will nicht mehr bedürftig sein, und deshalb will ich die Luft nicht mehr brauchen und höre auf zu atmen. Ich will mich endlich von der Willkürherrschaft des Atmens befreien. Das wird wohl kaum lange gut gehen. So gesehen fesselt uns unser Körper und seine Bedürftigkeit in dieser Welt, mit dieser Atmosphäre und diesen Lebensbedingungen. Auf der anderen Seite ist es ja nun auch keine wirklich große Sache zu atmen und wir tun es einfach, so lange man eben nicht auf die Idee kommt dies in einer Stadt zu tun, in der die Smog-Belastung so hoch ist, dass manchmal  nicht atmen doch gesünder sein könnte als zu atmen. Nein, wir befinden uns hier in Mitteleuropa, in einem glücklichen Mitgliedsstaat der EU, der seine zulässigen CO2-Emissionswerte nicht übersteigt, zumindest auf dem Papier, da er fleißig Befreiungsscheine kauft. Ja, bei uns ist alles in Ordnung und es lässt sich frei atmen. Also warum Sorgen machen? Frank und frei kann man durch die Felder und Wälder streifen. Die Natur grünt und blüht, die lieben Tierchen gedeihen prächtig. All das sehen wir doch, und trotzdem will uns ständig jemand einreden, wir hätten ein Umweltproblem. Also ich nicht. Du vielleicht? Der Müll wird in die dritte Welt verschifft und bei uns ist es schön. Nur mit dem Atommüll haben wir noch ein kleines Problem, weil sich da immer ein paar in den Weg stellen um das Verbringen zu verhindern, aber wenn wir die Augen nur lange genug zumachen, sieht uns keiner. Das weiß doch jedes Kind. Wir können nicht nur frei atmen, sondern auch ungestraft das Wasser trinken, das aus unseren Leitungen kommt. Wasser dient auch der Befriedigung eines Existenzbedürfnisses, auch wenn viele von uns vergessen haben, dass man das auch trinken kann. Limonaden, Fruchtsäfte, Bier, Wein etc., ja, das lässt sich alles trinken, aber Wasser. Nein, das brauchen wir zum Waschen und zum Putzen und den Garten zu bewässern. Und der Hund, ja der Arme muss auch immer noch Wasser trinken. Die Pflanzen und die Tiere brauchen Wasser zum Überleben. In Anlehnung an den angeblichen Spruch von Marie-Antoinette kann gesagt werden, wenn ihr kein Wasser habt, dann trinkt doch Limonade. Das denken sich wohl auch all diejenigen, die der Meinung sind, es wäre doch nett, so im Winter, wenn alles grau und weiß ist, einen Farbakzent in die Wohnung zu zaubern. Nun kann man das machen, indem man die Wände neu streicht oder neuen Deko-Kram hineinstellt, oder – und das ist wohl die billigste und einfachste Methode – kauf ich mir doch mal im nächsten Diskonter rasch ein paar hübsche Rosen. Denn was ist schon all der Deko-Kram gegen echte, lebende Blumen. Dazu kosten sie auch so gut wie nichts. € 1,99, nein, da kann der Gärtner ums Eck beim besten Willen nicht mithalten. Da lassen wir sie doch lieber aus Kenia einfliegen, wo sie doch so billig in der Produktion sind. Und ganz nebenbei werden Arbeitsplätze in einem armen Land geschaffen, wo die doch sonst ja nichts hätten. Es ist doch eigentlich schon fast nobel Blumen zu kaufen, die in einem Land angebaut werden, das unter Wasserknappheit leidet. Eine dieser Blumen, die unser Heim so schön im Winter schmücken, benötigt fünf Liter Wasser für ihre Aufzucht. Was macht es denn schon aus, wenn die endemische Bevölkerung dafür von 16.00 Uhr abends bis 8.00 Uhr kein Wasser hat, wenn sie doch einen Job haben, bei dem sie um einen Hungerlohn 16 Stunden am Tag arbeiten dürfen, mit dem hehren Gedanken Teil des Wirtschaftswachstums ihres Landes sein zu dürfen. Da geht es einem doch gleich viel besser, und für den Durst gibt es schließlich Limonade.