Sonntag, 31. Mai 2015

Innenpolitik, 31. Mai 2015:


Auf, auf zum „kollektiven Unsinn“

Natürlich mache ich auch mit. Schließlich will man ja nicht aus der Reihe tanzen und es hat schon etwas Erleichterndes,[1] wenn man brav und ruhig hinter dem Leitwidder herwandert, der da selbst wieder dem Hirtenhund gehorcht und jener dem Hirten. Hierarchie im besten Sinne des Wortes. Der einzige Unterschied zum menschlichen „kollektiven Unsinn“ ist die schlichte Tatsache, dass der Hirt es mit seinen Schafen wirklich gut meint, dass er sie auf die beste Weide führen will. Sein Ziel ist sicherlich auch, dass er sie letztendlich so ertragreich wie möglich haben möchte, also gute Wolle oder Milch, letztendlich das Fleisch. Der Hirte lebt von seinen Schafen. Auch wir lassen uns scheren und melken, allerdings ohne auch nur einen Blick auf die fettesten Weiden erhaschen zu dürfen. Dennoch folgen wir dem Ruf. Ich auch. Es ist ja auch meine Bürgerpflicht. So habe ich es gelernt, und hoffe noch immer darauf, dass meine Stimme einen echten Beitrag leistet, wozu auch immer. Vage Hoffnung, immer wieder aufs Neue, dass Wahlversprechen mehr sind als Versprecher und die Meinung, dass ich mich darauf verlassen kann, nicht zu einem Verlassen-sein führt, auch wenn ich es schon längst besser wissen müsste. Damals, als ich das erste Mal wählen ging, da hätte ich solche naiven Annahmen noch irgendwie rechtfertigen können. Doch mittlerweile sind mehr als zwei Jahrzehnte vergangen und viele, viele Wahlen mit ihnen, so dass ich es eigentlich besser wissen müsste, vor allem nach der entlarvenden Aussage, dass man im Wahlkampf eben viel redet.

In diesem Fall ist mit „kollektivem Unsinn“ sind die Landtagswahlen gemeint. Seit Wochen lächeln mir die diversen Wahlwerberinnen von mehr oder weniger gelungenen Plakaten entgegen, in denen in Kurzfassung wiedergegeben wird wofür der oder die jeweilige steht. Herr Niessl meint lapidar, dass man ihn wählen muss, wenn man ihn will. Na no na net, würde ich sagen. Das hätte ich auch ohne Plakat gewusst. Oder Herrn Voves schärfster Kritiker ist er selbst. Sofort fängt meine Phantasie zu arbeiten an, und ich sehe den Herrn Landeshauptmann morgens vor dem Spiegel, wie er mit sich hadert. Stelle es aber sofort wieder ab. Das ist so wenig seriös. Umso seriöser sind die Wahlkampfthemen. So tritt für die Freiheitlichen die Tatsache in den Mittelpunkt, dass ihre unschuldigen, wehrlosen Wahlplakate von bösen Randalierern angegriffen wurden. Schwer verletzt haben sie die bösen Menschen. Oder die Sache mit dem Uhudler. Das hätte ich sicher nicht verkraftet, wenn ich nächstes Jahr den Uhudler, der verkauft werden darf, nicht trinken könnte. Wenn ich ihn schon nicht trinke, dann zumindest weil ich die Wahl habe. Nur was die Ausgaben für diesen „kollektiven Unsinn“ betrifft, da habe ich keine Wahl. Die muss ich schlucken. Noch ein Kugelschreiber mehr, den ich nicht will, und dennoch bezahlen muss – dabei sind das noch die billigen Parteispenden. Arbeitszeit, die dahin geht, dass mir Wahlpropaganda ins Haus flattert, die ich nicht will.

Aber in Österreich will man in kleinen, noch besser in kleinsten Strukturen denken. Schließlich steht uns die schauderhafte Erinnerung noch lebhaft vor Augen, als wir unbedingt wieder groß sein wollten, und sei es, dass wir uns dem Deutschen Reich anschlössen. Mittlerweile haben wir dazugelernt. „Small ist beautiful“, und nur als kleines Land behalten wir auf der Insel der Weinseligen unseren Charme. Seitdem wird die Kleinheit kultiviert, in Form von Landtagswahlen, die einen Landtag erfordern, den wir wählen können, und das neun Mal.

„Kollektiver Unsinn“, weil ja bis nach Abschluss des Wahlmarathons nichts Sinnvolles gearbeitet werden kann. Wien muss wählen, dann fangen wir wieder an über dringendst notwendige Reformen nachzudenken. Im Herbst findet das Spektakel statt. Bis dahin heißt es rennen um Stimmen und Verstummen gegenüber den wichtigen Dingen. Denn wer in Österreich Veränderungen durchführt, der muss damit rechnen dafür abgestraft zu werden. Wir werden sehen ob das stimmt, heute Abend, wenn das Wahlergebnis der Steiermark bekannt gegeben wird. Vielleicht stellen wir fest, dass der Österreicher doch nicht so dumm ist, wie die Funktionäre meinen.


[1] Zitiert nach Hans-Jörg Schelling aus einer Rede bei der Preisverleihung zum besten KMU am 27. Mai 2015 in der Aula der Wissenschaften.

Montag, 25. Mai 2015

Inneres & Sicherheit, 25. Mai 2015:


Lob des Überwachungsstaates

Worüber andere nur reden, das ist in Mustermannshausen bereits längst Realität. Nachdem dieser Ort immer mustergültig ist, erfüllt er selbstverständlich seine Hausaufgaben im vorauseilenden Gehorsam bevor sie gestellt werden. Andererseits stellen wir unsere Erfahrungsberichte auch gerne für andere Stellen zur Verfügung. Natürlich gab es anfangs einen gewissen Widerstand in der Bevölkerung, doch das muss man nicht so ernst nehmen, denn die Bürgerinnen sind wie kleine Kinder. Sie wollen keine Veränderungen, denn sie können nicht abschätzen, dass es nur zu ihrem eigenen Wohl sind. Deshalb muss man auch mal Zwang anwenden, aber wenn sie dann sehen, dass es gut für sie ist, sind sie desto erfreuter. Aber woher sollen sie auch wissen was gut für sie ist. Das weiß allein die Obrigkeit, die aus gutem Grund das Heft in der Hand hat. Diese flächendeckende Überwachung ist nicht nur Selbstzweck, sondern soll die Möglichkeit bieten die Bürgerinnen zu erziehen, ihnen zu einem gelungenen, glücklichen Leben zu verhelfen. Deshalb werden die Daten permanent ausgewertet und jede Bürgerin einmal im Jahr zu einem Gespräch gebeten, damit Fehler korrigiert und Vorzüge verstärkt werden können. Diese Gespräche werden durch fundiert geschulte Kräfte durchgeführt, die psychologisch, physiologisch und pädaggogisch sattelfest sind. Mit Erlaubnis der entsprechenden Bürgerin wohnten wir einem solchen Gespräch bei, damit jeder sieht wie befreiend und konstruktiv es ist. Die Namen sind selbstverständlich unverändert, denn schließlich bleibt eh nichts geheim. Es fand zwischen Fr. Niederwimmer, 33 Jahre alt, Mutter von 5 Kindern, verheiratet, und der Fachkraft Fr. Friedel, 55 Jahre alt, unverheiratet und kinderlos, statt.

Fr. Friedel: Grüß Gott, Frau Niederwimmer. Nehmen Sie doch bitte Platz.
Fr. Niederwimmer: Grüß Gott. Ja, gerne.
Fr. Friedel: Sie brauchen keine Angst zu haben. Das geschieht alles zu Ihrem eigenen Wohl.
Fr. Niederwimmer: Ja, aber die Reporter, ich fühl mich doch ein wenig unwohl, wenn das wer hört.
Fr. Friedel: Wieso denn? Haben Sie irgendetwas zu verbergen?
Fr. Niederwimmer: Nein, aber ich kann ja auch Dinge für mich behalten, die ich nicht verbergen muss, einfach, weil ich es will.
Fr. Friedel: Aber ich bitte Sie, wir sind ja quasi unter Freunden. Alle Bürger eines Landes sind Freunde und meinen es gut miteinander, und die Reporter, die geben es ja auch nur in die Zeitung, da ist gar nichts dabei.
Fr. Niederwimmer: Na ja, wenn Sie es so sehen.
Fr. Friedel: Nicht ich sehe es so, so ist es. Aber jetzt zu dem Bericht über Sie. Die Auswertung Ihrer Konten ergab negative und positive Punkte. So haben Sie Ihren Tabakkonsum nicht reduziert, sondern gleichgehalten. Unseren Berechnungen nach rauchen Sie mindestens 10 Zigaretten am Tag. Das haben wir schon bei unserem letzten Gespräch angemerkt. Wenn Sie so weiter machen müssen wir Ihre Krankenkassenbeiträge erhöhen.
Fr. Niederwimmer: Ja, aber, es ist halt wegen den Nerven.
Fr. Friedel: Das sehen wir. Wachsen Ihnen die Kinder über den Kopf?
Fr. Niederwimmer: Nein, das nicht, aber es ist so schwierig, weil immer die Beiträge erhöht werden.
Fr. Friedel: Und Sie mir einreden wollen, Sie haben zu wenig zum leben. Dabei profitieren Sie von den Transferleistungen. Sagen Sie nie wieder, der Staat wäre unverschämt, wo er doch so großzügig ist, sonst kürzen wir die Familienbeihilfe wegen unbotmäßigen Verhaltens. Es geht ja dabei nicht nur um Sie, sondern Sie geben ja diese Aufmüpfigkeit an Ihre Kinder weiter.
Fr. Niederwimmer: Wenn Sie das so sehen.
Fr. Friedel: Nicht ich sehe das so, so ist es. Ansonsten sehen wir, dass Sie ordentlich Steuern, Abgaben und Kirchensteuer zahlen. Sie kaufen brav ein, allerdings lässt Ihr Freizeitverhalten zu wünschen übrig. Sie verbringen immer öfter Ihre Zeit mit irgendeiner Freundin im Kaffeehaus. Andererseits ist die Qualitätszeit, die Sie mit Ihren Kindern verbringen im Schnitt pro Tag pro Kind 22,486 min. Die vorgeschriebenen Mindestzeit beträgt allerdings 25 min. Wenn Sie dieses Verhalten nicht schleunigst ändern, dann müssen wir Konsequenzen ziehen.
Fr. Niederwimmer: Beim letzten Gespräch sagten Sie mir aber, dass ich zu wenig Zeit für soziale Aktivitäten aufwende.
Fr. Friedel: Das stimmt. Das muss ich auch lobend hervorheben, dass Sie sich bessern, aber deshalb brauchen Sie nicht anderes schleifen zu lassen.
Fr. Niederwimmer: Aber das geht sich doch alles nicht aus.
Fr. Friedel: Hören Sie, wissen Sie wie oft ich diese faulen Ausreden höre. Die Vorgaben sind nach wissenschaftlichen Methoden strengstens aufgestellt, da gibt es kein Sich-Nicht-Ausgehen. Wenn Sie sich Mühe geben geht das. Nun, Sie haben das Fach „Effizientes Leben“ noch nicht gehabt, damit seien Sie entschuldigt, ein wenig, aber ich habe es auch gelernt und bin viel älter als Sie. Weiters haben wir festgestellt, dass Sie den regelmäßigen geschlechtlichen Verkehr mit Ihrem Mann vernachlässigen. Die vorgeschriebene Mindestzahl, 1,5 Mal pro Woche. Sie kommen auf höchstens 0,7.
Fr. Niederwimmer: Wenn ich doch immer so müde bin und mein Mann arbeitet Schicht.
Fr. Friedel: Wiederum, alles faule Ausreden, wo ein Wille, da ein Weg. Dafür sind Ihre Konsumausgaben konsequent hoch, das ist erfreulich, nur dass Sie sich ein wenig um gesündere Ernährung bekümmern sollten. Vergessen Sie nie, Sie sind das Vorbild für die Kinder. Die Schule kann auch nicht alles leisten.
Fr. Niederwimmer: Wenn Sie es so sehen.
Fr. Friedel: Nicht ich sehe es so, es ist so. Ich habe Ihnen hier einen genauen Lebensplan aufgestellt. Ich hoffe, Sie halten sich daran, und unser nächstes Gespräch fällt erfreulicher aus für alle Beteiligten, denn vergessen Sie niemals Ihre gesellschaftliche Verantwortung. Auf Wiedersehen.
Fr. Niederwimmer: Auf Wiedersehen.

Wie jeder aus diesem Gespräch ersehen kann, es geht um das Wohl der Bürgerinnen, das hier lückenlos verfolgt wird. Es ist alles zum Besten jedes Einzelnen.

Sonntag, 24. Mai 2015

Soziales, 24. Mai 2015:


Die Milchmädchenrechnung des Sozialministers

Sehr geehrter Herr Minister Hundstorfer!

Eine altbekannte Redewendung lautet: „Wem Gott ein Amt gegeben hat, dem gibt er auch den Verstand.“ Demzufolge ist es doch außerordentlich traurig, dass Sie Sozialist sind, oder besser gesagt, Sozialdemokrat, da darf der liebe Gott nicht, und deshalb ist die milde Gabe offenbar ausgeblieben. Natürlich kann man nicht generell sagen, dass dies für alle Sozialdemokraten gilt, die ihre gesamte Karriere unter der Schirmherrschaft der öffentlichen Hand führten, aber doch in Ihrem Fall, was auch seine Vorteile hat. „Ich wusste nicht, was ich da unterschrieb“, sagten Sie, nachdem aufgeflogen war, dass Verbindlichkeiten in der Höhe von 1,53 Mrd. Euro der BAWAG an den übertragen waren, wobei Sie als Vertreter aller drei BAWAG-Aktionäre unterschrieben. Angesichts des Hypo-Debakels sind das ja auch nur Peanuts und schon so lange her. Immerhin im Jahr 2005. Man darf eben nicht nachtragend sein, was auch offenbar niemand war, denn Sie flutschten unaufhaltsam die Karriereleiter hinauf, bis hin zum Posten des Ministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

In dieser Eigenschaft, sind Sie wahrscheinlich in sich gegangen, ausgelöst durch die hohe Arbeitslosigkeit, und haben einen grandiosen Vorschlag ausgebrütet, der den saloppen Titel „Überstunden-Euro“ trägt. Er beinhaltet nichts weiter, als dass die Arbeitgeber für jede Überstunde einen Euro zusätzlich bezahlen sollen. Wofür das gut sein soll? Das Milchmädchen hat wohl Pate gestanden – obwohl ich mir nicht sicher bin, ob man nicht allen verbliebenen Milchmädchen dieser Welt Unrecht tut – bei der Rechnung, dass bei Verteuerung der Überstunden die Unternehmer darauf verzichten Mehrarbeit zu verlangen und stattdessen neue Mitarbeiter eingestellt werden. Dies würde angeblich 8.300 neue Arbeitsplätze bedeuten.

Diese Annahme setzt voraus, dass der Arbeitgeber nur deshalb Überstunden machen lässt, weil er nicht auf die Idee kommt, er könne mehr Leute einstellen. Doch, er wäre auf die Idee gekommen. Doch wann fallen Überstunden an? Vor allem zum Ausgleich zyklischer Spitzen. In der freien Wirtschaft tritt nämlich das Phänomen auf, dass die Auftraggeber sich nicht anstellen und darauf warten wann sie drankommen, sondern sie erteilen ihre Aufträge einfach so wann sie das wollen. So kann es passieren, dass ein Erzeugungsbetrieb im Januar so viele Aufträge hat, dass eben Überstunden notwendig werden, im Februar aber wieder eine Flaute eintritt. Die Überstunden werden nicht zum Spaß gemacht, sondern, weil es wirtschaftlich sinnvoll ist. Nähme jener Arbeitgeber nun neue Arbeitnehmer auf, dann müsste er diese erst einschulen. Bis das passiert ist, lässt die Auftragslage wieder zu wünschen übrig. Theoretisch müsste er sie dann wieder auf die Straße setzen, wogegen allerdings die Kündigungsregelungen sprechen. Abgesehen davon, dass es alles andere als sozial verträglich ist permanent Leute aufzunehmen und wieder zu entlassen – doch vor allem ist es unwirtschaftlich. Jeder Unternehmer greift nur dann auf teure Überstunden zurück, wenn es sich nicht abzeichnet, dass ein neuer Arbeitnehmer kontinuierlich ausgelastet ist. Denn ja, wenn diese Situation gegeben ist, dann kommen sie durchaus auf die Idee Arbeitnehmer einzustellen.

Angesichts solcher Vorschläge sollte man darauf hoffen, dass Sie sich als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl zur Verfügung stehen, denn dort können Sie zumindest nichts anrichten.

Montag, 18. Mai 2015

Sicherheitspolitik, 18. Mai 2015:


Die Gewalt eskaliert

Wir leben auf der Insel der Seligen, genauerhin, auf der Insel der Weinseligen. Darauf waren und sind wir stolz. Wir, das heißt das Land Österreich, manchmal auch dessen Bevölkerung, leben eine Kultur des Kompromisses, der Harmonie und des Proporzes. Natürlich wird das oft ins Negative, wenn nicht gar ins Lächerliche gezogen, doch es bedeutet Stabilität und Aufrechterhaltung der Ordnung. Wenn nun ein Posten zu vergeben ist, dann wird nicht einfach nur nach so banalen Kriterien wie Qualifikation oder Ausbildung oder Erfahrung vorgegangen. Das kann ja schließlich jeder, nein, darüber hinaus wird auch immer nach sozialer Verträglichkeit gefragt. Der besagte Posten wird nun, nach eingehender Prüfung mit einer Person besetzt, die z.B. den Sozialdemokraten nahe steht. Das ist nichts grundsätzlich Verwerfliches, aber es muss schon bedacht werden, dass damit das Gesichtsfeld naturgemäß eingeschränkt ist, und bürgerliche oder freiheitliche oder ökologische Aspekte nicht berücksichtigt werden bei der Ausübung der Tätigkeit. Um dem entgegenzuwirken wird dem einen Stelleninhaber ein zweiter zur Seite gestellt, der den Blickwinkel erweitert, und erst ermöglicht, dass der ganze Umfang gesehen werden kann. Das wird dann oft als Überbesetzung bezeichnet, was nicht der Fall ist, denn um etwas ganz machen zu können, muss man auch das Ganze im Auge haben können. Immer wieder werden Stimmen laut, dass dies unrentabel sei. Wenn man von bloßen ökonomischen Fakten ausgeht, so kann das vielleicht sogar stimmen, aber bedenken Sie bitte die sozialen Auswirkungen und die damit einhergehenden Folgekosten. Genau dies wird bereits spürbar, nachdem der Proporz, der den sozialen Zusammenhalt erst nachhaltig zu garantieren vermag, in vielen Bundesländern ausgesetzt wurde. Rohe Gewalt tritt zu Tage, rohe, sinnlose Gewalt. So wurden im letzten Jahr – wir berichteten am 12. September 2014 ausführlich darüber – unschuldige, hilflose Gartenzwerge im sonst so friedlichen Ländle hinter dem Arlberg, wahlweise vor dem Arlberg, je nach Blickwinkel, roh und barbarisch entführt. Man munkelt sogar, dass man die armen Gartenzwerge ins Ausland verfrachtet hat, weitab von ihrem Zu Hause, entwurzelt und verloren, und dabei können sich diese Gartenzwerge ja nicht wehren, so hilflos und unschuldig wie sie sind. Dann war wieder einige Zeit Ruhe, und man meinte schon sagen zu dürfen, es handle sich um einen einmaligen Ausrutscher, doch die Feindseligkeiten schwelten nur im Untergrund, so dass es bloß eine Frage der Zeit war, bis sich daraus ein Flächenbrand entzünden würde. Jetzt ist es wieder geschehen. Pure, herzlose, rohe Gewalt wurde angewandt, und wiederum gegen Hilflose, Unschuldige. Es schmerzt auch nur daran zu denken, dass Menschen so dermaßen rücksichtslos und gefühllos seien können, um solch eine Tat zu begehen. Namentlich betrifft es Plakate. In der Nacht schlichen sich die heimtückischen Täter an die Plakate heran, im Schutz der Dunkelheit. Die Plakatwände selber, die niemals einen bösen Gedanken zu denken imstande wären, freuten sich über den nächtlichen Besuch. Wieder einer, der sie lesen würde, der sie mit Freude betrachten und sie ob ihres guten Aussehens loben würde, dachten sie, doch diese Schurken führten etwas ganz anderes im Schilde. In blinder Wut, auf nichts als auf Zerstörung aus, rissen sie die Verklebung herunter, und stumm litten die Plakatwände. Wie hätten sie sich auch zur Wehr setzen sollen? Sie konnten nicht mit dem Täter reden, geschweige denn vor ihm flüchten. Gedemütigt und gezeichnet blieben sie nach der Attacke zurück, komischer Weise nur solche der FPÖ. Mittlerweile wurde ein flächendeckendes Netz an Psychologen eingesetzte, die nun in vielen Stunden Therapiesitzung darum bemüht sind die derart angegriffenen Plakatwände von ihrem Trauma zu befreien und ihnen wieder zu einem plakatwandwürdigem Leben zu verhelfen. Alles das würde nicht passieren, würde nicht der soziale Zusammenhalt immer weiter untergraben und zerstört werden. Lassen wir uns das nicht länger gefallen, wählen wir für den Proporz, und dann wird alles wieder gut.

Sonntag, 17. Mai 2015

Verkehrssicherheit, 17. Mai 2015:


Pärchen statt Männchen[1]

Grüne Ampelpärchen,
männlich, weiblich,
laden auf die Straße ein,
doch wenn sie rot sind,
gib gut acht,
keinen Schritt mehr mach.

Eine kuriose oder – offen gesprochen – grandiose Idee erreichte und vor einigen Tagen aus der Bundeshauptstadt. Die Neuigkeiten brauchen eben eine Weile, so weit übers Land, aber jetzt sind sie eingetroffen und haben durchweg Zuspruch gefunden. Endlich gibt es sie, die neuen Männchen auf den Fußgängerampeln. Jedes Mal, wenn ich bei so einer Ampel stand, dann sah ich hinauf zu diesem armen, einsamen Männchen. Ganz verschüchtert und verängstigt erschien es mir. Aber wie sollte es auch anders sein, denn wenn es seinen Blick auch nur ganz kurz nach rechts wandte, dann sah es all die Menschen, die lachend und scherzend und immer fröhlich da an der Ampel standen, immer miteinander und niemals einsam, so wie es selbst, so dass ihm dicke, heiße Tränen über die Wangen liefen, bis die Tränen ausgeweint waren. Es hatte niemand bemerkt, denn wer achtet schon auf solch ein armes, kleines Ampelmännchen. Nur in seiner Funktion wird es gesehen, geflucht und geschimpft, wenn es rot ist, weil die Menschen meinen, das Männchen sei daran schuld, dass sie nicht weitergehen dürften, und wenn es auf grün stand ebenso, weil die Menschen meinten, es stände zu kurz auf grün. Deshalb reagierte das arme kleine Ampelmännchen auf die einzig mögliche Art und Weise, es zog sich immer mehr in sich selbst zurück, bis sein Herz so verhärtet war, dass niemand mehr an es herankam. Aber so konnte es auch niemand mehr verletzen. Ich habe sie gesehen, die Qual. Jedes Mal, wenn ich an solch einer Ampel stand, da versuchte ich das Männchen auf mich aufmerksam zu machen, ihm zu sagen, dass es noch Menschen gibt, die ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten, und vor allem, dass es die Hoffnung nicht aufgeben solle. Irgendwann würde der Tag kommen, da würde es nicht mehr allein sein müssen, irgendwann, doch es schien, als hätte das Männchen die Hoffnung längst aufgegeben. Und tatsächlich, ich war nicht die einzige. Mehr Menschen machten sich Gedanken, bis es die richtigen waren oder sich die Angelegenheit bis zu den Richtigen herumgesprochen hatte, die die nicht nur Änderungen wollten, sondern sie auch herbeiführen könnten. Und sie haben nicht nur gekonnt, sondern sie haben auch getan, was doch sehr bemerkenswert ist, wenn man ein wenig mit den österreichischen Verhältnissen vertraut ist. Aber nicht nur ein bisschen, sondern gleich ordentlich. So wird nun jedes Ampelmännchen nicht nur zu einem Ampelpärchen, sondern zu einem passenden noch dazu. Jedes einzelne wird nach seiner sexuellen Orientierung gefragt, so dass nun bald zwei Ampelmännchen, zwei Ampelweibchen oder ein Ampelmännchen mit einem Ampelweibchen zu sehen sein werden. Nie mehr wird es einsam und verlassen sein, sondern immer Gesellschaft haben. Das muss uns doch € 63.000,-- wert sein – denn wem liege ihr Glück nicht am Herzen, wer könnte da einfach zusehen? Deshalb möchten wir dieses Konzept auch so schnell wie möglich in Mustermannshausen umsetzen, was sich als sehr einfach erweist, denn bei uns, in unserem mustergültigen Ort gibt es – so wie Kirche und Natur es wollen – ausschließlich heterosexuelle Pärchen. Das gilt für die Menschen ebenso wie für die Ampelmännchen. Und so wird es uns gelingen, dass jedes Ampelmännchen und –weibchen glücklich und zufrieden leben darf, bis an ihr selig Ende. Amen!


[1] http://www.krone.at/Wien/Ampelmaennchen_bekommen_um_63.000_Euro_Gesellschaft-An_49_Spots_in_Wien-Story-452729

Montag, 11. Mai 2015

Innenpolitik, 11. Mai 2015:


Wenn alles den Bach runtergeht

Wieder einmal macht sich der Unmut breit. Ein wenig Nörgelei, das sind wir ja alle gewohnt, aber nun wird es bereits überbordend, so sehr, dass sich unser sehr geehrter Herr Bürgermeister bemüßigt, wenn nicht gar genötigt fühlte das Wort an uns zu richten, auf dass wieder Ruhe und Eintracht herrsche. Wir erlauben uns diese Worte im Wortlaut wiederzugeben:

Liebe Bürgerinnen und Bürger!

Mit großer Sorge musste ich feststellen, dass sich der Unmut unter den Bürgerinnen und Bürgern unseres schönen, um nicht zu sagen, mustergültigen Ortes breitmacht und die Menschen gegeneinander aufbringt. Die, die Arbeit haben stellen sich gegen die, die keine haben. Die, die Kinder haben stellen sich gegen die, die keine haben. Die, die reich, vermögend oder erbend sind stellen sich gegen die, die arm, unvermögend und ohne Erbe sind. Die, die hier geboren wurden stellen sich gegen die, die hier erst eine neue Heimat fanden. Wahrhaft biblische Zustände herrschen hier, aber keine paradiesischen, sondern wie jene beim Turmbau zu Babel, keiner versteht sich mit keinem mehr. Dabei wäre es doch so einfach, diese Vision zu verwirklichen, wo der Arbeitslose friedlich neben dem Arbeitshaber auf der Parkbank sitzt, soweit zweiterer Zeit dafür hat, der Kinderlose setzt sich neben die Kinderreiche beim Spielplatz, so weit er den überhaupt findet, und der Reiche reicht seine Hand dem Armen, und versteckt vorher sicherheitshalber seine Rolex. Es muss wieder Friede und Einklang herrschen, denn nur so können wir ein funktionierendes Gemeindewesen aufrecht erhalten, dass darin kumuliert, dass wir alle miteinander ab und zu ein Glas Bier trinken können oder Chardonnay, je nach Gusto und Gepflogenheit. Die Gräben müssen geschlossen werden, denn bedenket, die staatlichen Meriten, die der Papa Staat, unser aller Papa so großzügig über uns ausschüttet, nicht einfach nur mit der Gießkanne, nein, er lässt sie regnen. Kein Mensch weiß woher, aber nur Schulter an Schulter können wir sie auffangen, wobei auch hier Unkenrufe laut werden, dass unser Papa kein Geld mehr hat, dass die Wirtschaftsleistung nachlässt und überhaupt angeblich alles den Bach runter geht, auch, weil zu viel in die Verwaltung investiert wird. Mitnichten, sage ich da nur, denn wie bitte soll denn die Wirtschaftsleistung nachlassen, wenn wir doch alle brav Schlange stehen die sozialen Wohltätigkeiten in Empfang zu nehmen und sie schnurstracks in Konsum investieren. Wie könnte denn der Verwaltung zu viel sein, wenn doch jemand da sein muss, der die großen, köstlichen Gaben verwaltet, und vor allem gilt es immer darauf zu schauen, niemanden vor den Kopf zu stoßen, denn wir haben uns alle lieb, ob schwarz ob rot ob blau ob braun – nein, die nicht mehr, aber dafür alle anderen, auch pink, und so muss für alle ein Plätzchen vorgegeben sein. Böse Zungen nennen das Proporz. Ich nenne es Annäherung an paradiesische Zustände, die uns allen Wohlstand und großes Glück bescheren, wenn nicht jetzt, dann später, oder gar im nächsten Leben, aber auf jeden Fall ganz bestimmt, und dann noch eines, was die Nörgler und Schwarzseher und Schlechtredner sehr gerne übersehen: Wenn alles den Bach hinunter geht dann fließt es in den Fluss und der Fluss fließt ins Meer und wenn das Meer so vor sich hin geht, immer in Wellen oder ruhig, je nach Wind und Wetter, dann verdunstet das Meer, was auch nichts anderes als der Bach ist, und das wird zu Wolken und die Wolken ziehen weiter, auch bis sie wieder zu uns kommen und dann regnet es und alles fällt wieder auf uns herab, so dass nichts verloren ist, sondern auf einfachste Weise zurückkommt. Aber das sollte doch eigentlich schon jedes Kind wissen, dass dem so ist.

Und wer es noch immer nicht verstanden hat, der soll in sich gehen und auch wieder aus sich, aber nicht fahren, nur gehen.

Und dann wird sich wieder die große Friedfertigkeit über unseren mustergültigen Ort breiten, wie der Teppich unter den wir alles kehren, und ich kann mich wieder der Beschaulichkeit widmen,

Euer über alles geliebter Bürgermeister,
Max Mustermann

Sonntag, 10. Mai 2015

MABID , 10. Mai 2015:


Mütter – die ganze Wahrheit

Der MABID (Mustermannshausener Abhör-, Bespitzelungs- und Informations-Dienst), immer unermüdlich unterwegs um Terroristen, Amokläufer und andere, akut oder auch potentiell gefährliche Personen und Daten auszukundschaften und dingfest zu machen, hatte schon vor einiger Zeit eine Entdeckung gemacht, die so brisant ist und wohl auch weitestreichende Konsequenzen nach sich zieht, dass es nicht gewagt wurde diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, doch die unabhängigen Medien lassen es sich nicht nehmen auch solche Dinge aus- und anzusprechen, die sonst nur unter vorgehaltener Hand weitergegeben werden. Kindern sei das Lesen dieses Artikels ebenso untersagt wie nervenschwachen Menschen, sowie solchen mit Herzschwäche oder sonstigen Leiden, denn die Wahrheit, so wahr sie auch immer sein mag, kann das Leben sensibler Menschen so derartig erschüttern, dass sie sich gezwungen sehen sich in die hiesige Nervenheilanstalt einzuweisen, was ab nun möglich ist, aber durch diese Auflockerung der Gesetzgebung, die nun dazu führt, dass die Diagnose selbst erstellt werden kann, ohne einen Arzt dazwischenschalten zu müssen, führte dazu, dass eben jene Heilanstalt hoffnungslos überfüllt ist.

Nach jahrelangen gründlichen Recherchen, bei denen das unterste zu ob erst und dann wiederum das vorgängig zweitunterste, das nun ja das unterste war wieder zu oberst gekehrt wurde usw., bis der ganze Pack umgewendet war, ist es jetzt schwarz auf weiß nachzulesen:

Mütter sind auch Menschen.

Natürlich, man hat es schon lange vermutet, doch so recht wahrhaben wollte es niemand. Mütter, das sind jene engelsgleichen Wesen, die es sich zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben sich hingebungsvoll für ihre Kinder aufzuopfern. Natürlich sind sie vor der Empfängnis Menschen. Man nennt diese Art Menschen auch Frauen. Ganz normal, aber das stört auch nicht weiter, die sich – wie auch jeder andere Mensch, selbst der Teil, der sich Mann nennt – egoistisch, selbstgefällig ihrem eigenen Leben widmen, Spaß haben, ihrer Arbeit nachgehen, aber auch ihre Freizeit genießen. Doch dann, dann kommt der Tag der Empfängnis, und ebenso wie die Frucht des werdenden Lebens in der Frau reift, ebenso reift ihr Werden zum Mutter-sein. Sie hört auf Frau zu sein und verwandelt sich. Es ist allerdings schwer zu beobachten, denn äußerlich verändert sich nicht viel, so dass auch einiges bei diesem Entwicklungsprozess schief laufen kann, wie bei allen hochkomplexen Vorgängen dieser Art, die sich noch dazu über mehrere Monate hinziehen. Wenn aber alles gut verläuft, so legt die Frau nach und nach ihr Frau-sein ab, ebenso wie ihre Tendenzen zum Wahrnehmen der eigenen Persönlichkeit und des eigenen Willens. Bis zur Geburt ist dieser Vorgang abgeschlossen, und mit der vollendeten Geburt hat sich ihr Frau-sein in Mutter-sein gewandelt, die nun nur mehr das Wohl und Wehe ihrer Kinder im Auge hat, mit ihnen wächst und gedeiht, Freude nur mehr empfindet, wenn sich die Kinder freuen und mit ihnen leidet, wenn sie Leid empfinden. All das war bekannt, doch was noch unbekannt war, ist der Umstand, dass diese zum Mutter-sein mutierten Wesen ihr Mensch-sein behalten. Mensch-sein bedeutet aber, dass eben jene Fehler machen können und auch Schwächen haben. Damit ist zwar die Mutter immer noch eine Ausgeburt an Perfektion, aber es gibt ihr doch noch ab und an ihr Mensch-sein dazwischen, das sie dazu bringt auch an etwas anderes zu denken, als an ihre Kinder, zum Beispiel an sich selbst. Ja, es ist die lautere Wahrheit. Eigene Bedürfnisse und Wünsche werden da plötzlich ausgelebt. Mütter wollen als Frauen gesehen werden, auch wenn sie das selbstverständlich nicht mehr sind und reklamieren sogar sexuelle Bedürfnisse, die einer Mutter in gar keiner Weise anstehen, zumindest nicht wohlanstehen, denn Mütter sind asexuelle Wesen. Aber diese Erkenntnis entlastet auch, denn wenn Mütter Menschen sind, dann wird auch erklärbar, warum es nicht immer so klappt, wie es müsste. Nicht die Mütter sind schuld, sondern der Teil in ihnen, der noch das Mensch-sein trägt. Es wird mittlerweile fieberhaft daran gearbeitet gegen diese Irreführung ein Medikament zu entwickeln, so dass wir trotz dieser herben Niederlage vertrauensvoll in die Zukunft sehen können. Vielleicht können wir schon zum nächsten Muttertag berichten, dass Mütter zwar Menschen sind, aber auch, dass es heilbar ist.
Gesundheitspolitik, 11. Mai 2015: Allen

Montag, 4. Mai 2015

Gesundheitspolitik, 04. Mai 2015:


Zweiklassenmedizin

Allen das Gleiche, manchen das Gleichere

Marianne W., 23 Jahre alt, Mutter zweier Kinder im Alter von zwei und vier Jahren, ist Hausfrau. Ihr Mann, der für den Lebensunterhalt der Familie sorgt, arbeitet als Maurer. Durch Fleiß und Sparsamkeit konnten sie eine Wohnung mit einem kleinen Gärtchen erwerben, in dem sie nun glücklich leben. Jennifer H., ebenfalls 23 Jahre alt und Studentin der Altphilologie, Tochter des allseits bekannten und bewunderten Industriemagnaten H.H., bewohnt in der Stadt, in der sie studiert, eine großzügiges Penthouse mit Pool und Dachterrasse in einem der nobelsten Viertel und hat es mit dem Studium nicht allzu eilig, da es in absehbarer Zeit nicht notwendig sein wird, dass sie sich ihren Lebensunterhalt durch so etwas Schnödes wie Arbeit verdienen muss.

Marianne W. ist glücklich mit ihrer Familie und dem, was sie sich aufgebaut haben.
Jennifer H. ist unstet und depressiv, niemals zufrieden mit dem, was sie hat.

Das kling nicht nur klischeebeladen, das ist es auch. Und doch ist es die Wahrheit.

Anfang des Jahres erhielten beide dieselbe Diagnose von ihrem Arzt: Krebs.

Marianne W.s Arzt ist ein normaler Krankenkassenarzt.
Jennifer H.s Arzt ist ein hochbezahlter Spezialist, der privat bezahlt wird.

Nun, bis auf die Tatsache, dass der eine Arzt von der Krankenkasse sein Honorar erhält, und der andere von seinen gutbetuchten Privatpatienten, dürfte es eigentlich keinen Unterschied machen. Oder doch?

Marianne W. wartete 5 Wochen auf ihren MR-Termin.
Jennifer H. wartete 5 Stunden auf den selben Termin.

Marianne W. starb ein halbes Jahr nach der Erstellung der Diagnose.
Jennifer H. befindet sich auf dem Weg der Besserung.

Marianne W. hinterließ zwei kleine Kinder und einen Mann, der nun nicht weiß wie er seine Kinder versorgen soll, denn er muss nach wie vor arbeiten gehen und auch noch die Pflichten seiner verstorbenen Frau übernehmen. Abgesehen davon, dass die Kinder nun Halbwaisen sind und ihre Mutter schmerzlich vermissen.
Jennifer H. beklagt den Verlust ihres seidig weichen Haars und der Unversehrtheit ihres straffen, wohlgeformten Körpers, der durch die Chemotherapie ausgemergelt wirkt und die eine oder andere Operationsnarbe trägt.

Marianne W. wartete vergeblich auf eine entsprechende Behandlung.
Jennifer H. hadert mit den Folgen einer umgehenden Behandlung.

So verfügen wir über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt und auch wenn jetzt der eine oder andere denken mag, dass es sich um Ungerechtigkeiten handelt, so muss dem entgegengehalten werden, dass vom pragmatischen wirtschaftlichen Standpunkt aus das Überleben der Jennifer H. von weitaus größerer Bedeutung war, da diese sehr viel mehr ins System einzahlt, als sie dasselbe kostet. Darüber hinaus muss auch die Gesamtlebenszeit und Konsumpotenz nicht außer Acht gelassen werden.

Marianne W. hätte während ihres Lebens mehr Kosten verursacht als sie Nutzen gebracht hätte.
Jennifer H. bringt während ihres Lebens mehr Nutzen für Staat und Gesellschaft als sie Kosten verursacht.

Wer es schafft sich endlich von diesem weinerlich, emotionalen Denken zu verabschieden und konstruktiv an die Sache herangeht, versteht auch die Notwendigkeit dieses Vorgehens, das auch ab und an Opfer fordert.

Sonntag, 3. Mai 2015

Sicherheitspolitik, 03. Mai 2015:


Wehrt Euch!

Unbesehen und unter striktem Ausschluss der Öffentlichkeit geht es vor sich. Heimlich still und leise werden Angriffspläne in der EU ausgearbeitet. Immer noch werden wir offiziell in Sicherheit gewiegt, wie das Baby in den Armen der Mutter, bis es sich einlullen lässt, und dann verwandelt sich das gutmütige Gesicht der Mutter in eine verheerende Fratze, denn wohl mag es das größte Friedensprojekt der Neuzeit sein, doch nun richten sich die Kriegsgelüste nach innen, die nationalstaatliche Souveränität untergrabend, so dass es nur mehr ein Land gäbe, eine Hoheit, ein Recht und ein Wille. Niemand nimmt es ernst, außer einer kleinen, aufrechten Gruppe, die sich um unser Land und seine Eigenständigkeit sorgt, eine Gruppierung, die für die Freiheit eintritt, und sich entsprechend auch Freiheitliche Partei nennt. Doch ihre Stimme verläuft im Sande, denn niemand nahm sie ernst, die parlamentarische Anfrage an unseren geschätzten Verteidigungsminister Klug, die auch nur auf Umwegen das Licht der Öffentlichkeit erreichte und deren Hauptfrage lautet:

„Ist das österreichische Bundesheer auf einen Angriff durch die EU ausreichend vorbereitet?“[1]

Und man muss offen und ehrlich sagen, nein, das ist das österreichische Bundesheer nicht, will es auch nicht sein, weil es die Bedrohung nicht ernst nimmt. Deshalb hat sich der Gemeinderat der mustergültigsten Gemeinde Österreichs, Mustermannshausens, allen voran unser sehr verehrter Herr Bürgermeister, Max Mustermann, entschlossen die entsprechenden Abwehrmaßnahmen durchzuführen. In einem ersten Schritt wurde die Oberkommandantur der ersten mustermannshausischen Armee eingerichtet. Den Oberbefehl erhielt Sigismund Soliwen, der sich bereits etliche Auszeichnungen zuschulden kommen ließ, vorzüglich in der spritzenden und blasenden Abteilung, also als Kommandant der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr und in der Funktion des Leiters der ortsansässigen Blaskapelle. Taktik und Organisationstalent sind im quasi in die Wiege gelegt worden, was ihn für diesen Posten prädestiniert. Darüber hinaus gelang es uns bereits die tapfersten und verdientesten Männer für dieses Projekt zu gewinnen, die teilweise bereits im Ersten Weltkrieg ihre Meriten verdienten, doch mit Stärke alleine wollen wir nicht auftrumpfen, sondern auch mit List und Tücke. So werden rund um das Ortsgebiet von Mustermannshausen lose Akten und offene Ordner verteilt. Daraufhin kann kein einziger deutscher Soldat weitermarschieren, denn zuerst muss Ordnung geschaffen werden. Für die französischen Einheiten werden sogenannte „Schneckengräben“ errichtet, so dass sich diese auf die deliziöse Zubereitung der Kriechtiere konzentrieren werden. Für die britischen Soldaten war das Abspielen von „God save the Queen“ angedacht, aber das wird wohl überflüssig sein, da kein Anlass zu der Vermutung besteht, dass sie es wagen das kontinentale Europa zu betreten. Umso leichter wird der Umgang mit den spanischen Armeemitgliedern sein, die sich an einem Stier delektieren dürfen, und wenn all diese Mittel ausgeschöpft sind, dann bleibt immer noch die Gulaschkanone, die sie zwar nicht unbedingt in die Flucht schlägt, aber aus Angreifern Freunde zu machen versteht. In Fortführung der gutaltösterreichischen Tradition des Heiratens statt Kriege führens, werden wir uns jene des gemeinsamen Essens und Trinkens zu eigen machen.

Stolz und aufrecht nehmen wir die herannahende Gefahr nicht nur ernst, wir werden ihr auch gewachsen sein und gemeinsam, mit vereinten Kräften, die Angreifer auf unseren schönen, friedlichen Ort vertreiben oder vereinnahmen, je nach Situation und Lage, denn wir lassen uns von nichts und niemandem unsere Kultur und unsere Traditionen untergraben, weder die Café- und sonstige Gastronomietradition, noch unsere Marmelade oder unsere Paradeiser. Dafür sind wir bereit auch den letzten Schluck Wein zu opfern, für die Insignien der Kultur und der Zivilisation. Niemals jedoch werden wir darauf vergessen, dass dies nur durch das beherzte Vorpreschen der FPÖ möglich war. So haben wir schon etliche Asylanträge der Freiheitlichen erhalten, und abschlägig beantwortet, denn sie sollen gefälligst ihr eigenes Land aufbauen und sich nicht als politische Flüchtlinge deklarieren. Schließlich ist von ihnen noch keiner an die Wand gepinnt worden.


[1] Der Standard, 28. April 2015, http://derstandard.at/2000014969426/Winter-fuerchtet-offenbar-Angriff-durch-EU-Armee, abgerufen am 02. Mai 2015.