Liebe Mitbürger und –rinnen!
Tiefgreifende Veränderungen zeichnen sich in unserem malerischen
Städtchen ab. Natürlich kann man sagen, ich malte den Teufel an die Wand, doch
ich kann von mir behaupten, dass ich weitsichtig und vorausschauend bin, doch
vor allem kann ich Recht von Unrecht unterscheiden. Deshalb haben Sie auch bei
der letzten Wahl mit eindeutiger Mehrheit entschieden, dass ich Ihr
Bürgermeister sein soll, der mit strenger aber gnädiger Hand regiert, der sich
für sein Volk einsetzt, aber auch für die natürliche, gottgegebene Ordnung. Es
mag müßig erscheinen auf diese Grundlagen verweisen zu müssen, doch die Gefahr,
die sich gerade auftut, gebietet es, und jeder, der redlichen Gemütes und vor
allem bei gesundem Verstand ist, wird mir unbedingt recht geben. Wir wissen
alle, und Jahrtausende der Rezeption können nicht falsch sein, dass Gott den
Mann nach seinem Bilde schuf, die Frau aber aus der Rippe des Mannes. Des
Weiteren wurde bestimmt, dass der Mann außer Haus arbeitet und die Frau im
Haus, die Wohnstatt zu bereiten für sich und ihre Lieben. Natürlich wissen wir
mittlerweile, dass eine Frau, wenn es denn nicht zu Lasten ihrer hausfraulichen
Pflichten geht, einem Beruf nachgehen darf, aber letztlich ist doch die
Familie, als Keimzelle unserer Gesellschaft, der höchste Wert. In einer
Gemeinschaft soll sich jeder nach seinen Kräften und seinen persönlichen
Fähigkeiten einbringen, denn so profitiert die Gemeinschaft am meisten davon.
Das bedeutet, dass der Mann dafür ausersehen ist außer Haus zu arbeiten und
seine Familie zu versorgen. Weil er eben außer Haus arbeitet, hat er einen viel
weiteren Blick und kann deshalb in politischen Belangen seine Beiträge leisten.
Das ist natürlich nur möglich, weil ihm seine Frau den Rücken freihält und ein
politisches Amt ist immer noch ein ehrenvolles. Dass der Mann dazu von Haus aus
die Veranlagung mitbringt ist wohl müßig zu erwähnen. Natürlich kann auch eine
Frau außer Haus arbeiten, aber nachdem sie die Kinder auf die Welt bringt, ist
sie in vorzüglicher Weise dazu geeignet die Arbeit der Erziehung zu übernehmen
und damit den Grundstein für eine gesunde Zukunft zu legen. So gilt ihr Denken
trotz der auswärtigen Tätigkeit mehr im Häuslichen. Das ist was sie auszeichnet
und adelt. Jetzt aber meinen manche Frauen in unserer Gemeinde sich darüber
hinwegsetzen zu müssen. Der erste Schritt geschah dadurch, dass sie nun eine
politische Partei gründeten. Die Vorgespräche fanden nicht im Wirtshaus statt,
wie es wohl anständig wäre, sondern bei diversen Kaffeerunden in privaten
Häusern, was den konspirativen Charakter dieser weiblichen Zusammenrottung nur
noch zusätzlich verstärkt. Natürlich haben Frauen im Wirtshaus nichts verloren,
zumindest nicht ohne männliche Begleitung, wie schon der Heilige Paulus sagte,
woraus folgt, dass auch ohne gesetzliche Regelung, es sich einfach nicht
gehört, dass Frauen eine politische Partei gründen. Das sagt schon der gesunde
Mannes- wollte sagen Menschenverstand. Natürlich wird es niemand ernst nehmen
und es wird sich auch kaum jemand finden, der eine Partei wählt, die solch
einen dubiosen Namen wie „Frauenpartei“ trägt, doch alleine der Gedanke, dass
es sie gibt, dass Frauen auf solch eine widernatürliche Idee kommen konnte, das
allein zeigt mir eines ganz deutlich. Ihr Männer duldet es und lasst euren
Frauen zu viele Freiräume. Eigentlich müsste jede Frau von morgens bis abends
beschäftigt sein, vor allem mit dem einen Gedanken, ihren Mann glücklich zu
machen, doch sobald sie zu wenig beschäftigt sind kommen sie auf dumme
Gedanken, wie Seitensprung oder Parteiengründung. Ich appelliere an die
Vernunft und an die Männer, lasst euch das nicht gefallen und wehret den
Anfängen. Zeigt euren Frauen wo ihr Platz ist, geht ihnen was zu tun und kauft
ihnen Blumen, wenn alles andere nichts nutzt. Züchtigen ist ja leider nicht
mehr erlaubt, so nötig es auch wäre. Und an alle Frauen, die noch nicht den
Verstand verloren haben, so weit es einen solchen in weiblich überhaupt gibt,
seid euren abtrünnigen Geschlechtsgenossinnen und ein gutes Vorbild und sagt
ihnen was sich gehört. Dann wird auch alles so gut bleiben wie es immer war.
Ich vertraue auf meine Bürger, und auch ein wenig auf die –rinnen.
Euer Bürgermeiste,
Max Mustermann