Sonntag, 4. Oktober 2015

Globalisierung, 04. Oktober 2015:


Die Welt ist gut und gerecht

Ja, wir jammern, und wir jammern immer. Dabei geht es uns doch so gut. Gemessen an anderen Zuständen, geht es uns wirklich gut. Wir jammern also wie immer auf hohem Niveau. Schuld daran ist ganz eindeutig nur eines, es geht uns zu gut.

Neulich, und nicht nur neulich, sondern laufend geschieht dies. Deshalb könnte man es rein grammatikalisch in der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft erzählen, weil sich daran ja auch nichts ändert, denn wir sind Meister des Jammerns. Deshalb wurde hierbei die Mitvergangenheit gewählt, auf dass die Dramatik nicht zu sehr beschämt, aber dennoch der Ernst der Situation jedem einleuchten muss, der noch das Mindestmaß an mentaler Kraft sein eigen nennt. Neulich also im Wohnzimmer der Familie Brückenschlag, wobei nomen nicht omen ist, kann der Satz gehört worden sein, „Also, es ist schon schlimm mit der Globalisierung“. Vermutlich kam der Satz vom Familienoberhaupt, aber so genau weiß man es dann doch nicht, deshalb lassen wir diesen Punkt offen. Es ändert nichts. Besagtes Familienoberhaupt saß vor dem Fernseher. Das Abendessen ward gegessen und der Körper auf Verdauungsmodus eingestellt, als zwischen News aus der Welt und den Fußballergebnissen, also in der strategisch äußerst günstig platzierten Werbepause, eben jener folgenschwere Satz ertönte. Im Hause war es momentan still, denn man gedachte wohl in aller Stille all der Globalisierungsopfer, derer man erinnerlich wurde, was bedeutete, dass zwei Sekunden später die viel gravierendere Frage gestellt wurde, ob denn noch ein Bier im Kühlschrank wäre. Beschämt musste daraufhin die Hausfrau eingestehen, dass dies nicht der Fall wäre, so dass nun wieder über die wirklich wichtigen Dinge gesprochen wurde. Doch man hatte seine Menschenpflicht erfüllt und auch daran gedacht, dass es schlecht ist in der Welt. Dann kehrte man zurück zur Tagesordnung. Aber warum ist das möglich? Weil es uns gut geht. Der Staat, der sorgt für uns und verteilt seine Meriten gerecht. Oder was bitte sollte daran ungerecht sein, dass Familien die größte Steuerlast tragen? Nutzen sie doch auch am meisten ab. Die Straßen, die Schulen, die Kindergärten, die Universitäten, die Arbeitsplätze. Niemand nimmt so viel öffentliche Infrastruktur in Beschlag wie Familien. Oder haben Sie vielleicht schon mal einen Pensionisten auf einer Schaukel am Kinderspielplatz gesehen? Natürlich nicht. Die werden doch regelmäßig nur von Kinderhintern abgewetzt. Gerecht ist es, denn der Staat, der Papa, wie wir ihn zutreffend nennen, ist gerecht und liebt alle seine Kinder gleichermaßen, aber deshalb sieht er auch, dass seine Kinder verschiedene Bedürfnisse haben. So ist er gezwungen von den Arbeitenden in der Realwirtschaft mehr Steuern zu erheben als vom Kapitalertrag, denn schließlich hat noch kein Kapital einen Kilometer, ja nicht einmal einen Meter Autobahn frequentiert. Außer, wenn es verbracht wird, aber das muss es jetzt nicht mehr, denn das Geld wird sich bald gänzlich auflösen und nur mehr als Buchgeld aufscheinen, hübsche kleine Zahlen, die sich auf virtuellen Autobahnen bewegen, aber dafür braucht es nicht einmal eine Vignette. Es ist nur gerecht, dass das Kapital von einigen wenigen besessen wird, denn die können offenbar darauf aufpassen. Man hat es ja schließlich probiert. Da gab man den Menschen Geld um zu sehen, was würden sie damit machen. Und was machten sie? Sie gaben es sofort aus. Für Lebensmittel, Heizmaterial, Miete und Bekleidung. So uneinsichtig sind sie. Da kann man doch nicht verlangen ihnen mehr zu geben. Nein, man gäbe es denen, die es horten und für diese Last der Verantwortung, aber auch des sorgfältigen Umganges, ist es doch nur legitim, dass sie Zinsen kassieren. Manchmal landet der eine oder andere auf der Straße, auch Kinder, wie behauptet wird, doch das sind Kollateralschäden, die nicht weiter ins Gewicht fallen, und gerade die Funktionsfähigkeit des Systems zeigen, nicht das Gegenteil. Gut geht es uns, und gerecht geht es zu, und wer etwas anderes behauptet, dem geht es sogar zu gut, denn er verfügt über den Luxus so viel Zeit zu haben um zu lamentieren. Nicht das System ist ungerecht, sondern die Menschen, die nicht in die Lobeshymnen miteinfallen, die immer noch nicht sehen, wie gut es ihnen geht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen