Sauberer Strom – wir sind dafür
Veränderungen bestimmen unser Leben. Das ist logisch und
auch gut so, denn wenn es keine Veränderungen gegeben hätte, so säßen wir immer
noch in unseren Erdhöhlen fest und es hätte bisher keinen Fortschritt gegeben,
was durchaus unbequem ist, meinte unser allseits geschätzter und, ob seiner
praktikablen, veritablen Lösungen, bewunderter Bürgermeister Max Mustermann
nachdenklich. Viele positive Errungenschaften kennzeichnen unsere Welt,
angefangen bei der Erfindung des Feuers und des Rades bis hin zu all dem
elektronischen Schnickschnack, den es heute gibt. All das hat unser aller Leben
leichter, bequemer und wohl auch sicherer gemacht, womit er einen Seitenblick
auf seinen getreuen Wachhund tut, einem etwa 70 kg schweren Labrador, der
erschöpft auf dem Kaminvorleger schläft. Andererseits darf man auch nicht
verleugnen, dass es Erfindungen gibt, die nicht nur positive Auswirkungen
zeitigte, hier unter anderem die Erfindung des Dynamits oder der Atomspaltung,
die letztendlich eben zum Bau eben jener, alles zerstörenden Bombe führte.
Genau das selbe gilt für die Erzeugung von Energie. Da gibt es ebenso schlechte
wie gute Varianten. Einig scheinen wir uns wohl darüber zu sein, dass Atomkraft
böse ist, obwohl immer noch nicht zu begreifen ist, was so kleine, je
klitzekleine Atömchen anrichten sollen, die noch dazu halb sind, weil sie ja
gespalten wurden, aber das sagen nun mal alle, und wenn die Mehrheit etwas
sagt, dann müsse es ja wohl stimmen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass so
viele Menschen sich auf einmal irren. Weiters verstehe er nicht, warum
plötzlich die kalorischen Kraftwerke schlecht sein sollen. Immerhin gäbe es
diese schon seit Jahrhunderten, mindestens, im Ort, die Rauchschwaden stiegen
nach oben und sind weg. Das könne doch niemanden stören, die verfliegen sicher
irgendwo im Weltall auf Nimmerwiedersehen. Ganz abgesehen von den vielen
Arbeitsplätzen, die daran hängen und außerdem ist die Fabrik schon längst grün
angestrichen worden, von einem Stardesigner, von oben bis unten grün,
knallgrün, was sich tadellos in die Landschaft einfügt. Dafür seien angeblich
alle erneuerbaren Energien so gut, und genau das sei zu bezweifeln. Natürlich
gäbe es auch in Mustermannshausen schon einen kleinen Staudamm für die Stromproduktion
aus Wasserkraft, wodurch es nebenbei einen Stausee gäbe, der die Touristen
anzöge, aber die Sonnen- und Windkraft, das sei ein zweischneidiges Schwert.
Denn wenn wir uns ehrlich sind, diese Solarzellen auf den Dächern verschandeln
doch das ganze Ortsbild. Und jetzt, jetzt wollten sie uns auch noch Windräder
hinbauen. Das kann keine saubere Energie sein, denn diese Windräder verschandeln
massiv das Ortsbild. Man darf dabei nicht vergessen, dass Mustermannshausen
eine Fremdenverkehrsgemeinde sei und die Touristen das gar nicht schätzen. Überall
anders könnten sie diese grässlichen Windräder hinbauen, nur nicht bei uns. All
die Anstrengungen vom Verschönerungsverein, die Vorschriften für die
Gartengestaltung, an die sich fast jeder hält, seien umsonst, mit einem Schlag
alle Bemühungen vernichtet. Nein, lieber unsauberer Strom als ein unsauberes
Ortsbild. Und was in zwanzig, dreißig Jahren sei, wenn jeder so reden und
handeln würde, das sei ihm wurscht, denn da wäre er schon längst in seinem
wohlverdienten Ruhestand und längst nicht mehr Bürgermeister. Daraus ersieht
man sofort wie integer und volksverbunden, selbstlos und überlegt die Gedanken
und Taten unseres allseits verehrten Herrn Bürgermeister sind. So gelang es ihm
den Bau der schändlichen Windräder zu verhindern, um im gleichen Moment den
Ausbau des Kohlekraftwerkes zu genehmigen, allerdings mit der umweltpolitisch
wohlüberlegten Auflage auch diesen Ausbau grün zu streichen. Wer damit nicht
einverstanden ist, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
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