Sonntag, 13. September 2015

Innenpolitik, 13. September 2015:


Lückenlose Überwachung

Vorreiterrolle hat der mustergültige Ort Mustermannshausen in einer strittigen Frage wieder einmal übernommen, denn wir fragen nicht nur, wir haben auch Antworten, und diese lautet, lückenlose Überwachung, abgesegnet durch den Souverän, das Volk.

In einer einmaligen Nacht, die wohl in die Geschichte der Gemeinde eingehen wird, als die Nacht, die alles zum Positiven veränderte, alle Missverständnisse und Unklarheiten aus dem Weg räumte und eindeutig die Position des Souveräns zur Geltung brachte. Natürlich war das Thema Überwachung auch bis zu uns vorgedrungen. Peinlich wurde dem jedoch aus dem Weg gegangen, denn es klang nach etwas Bösem, bis sich einige Bürger aufrafften, zu vorgerückter Stunde, im Wilden Ochsen, dem herausragenden Gasthaus in unserem Ort, sich des Themas einmal offen und vor allem vorurteilsfrei anzunähern. Endlich wurde darüber geredet ohne, dass jemand in eine politische Ecke verfrachtet wurde, und vor allem ohne Polemik. Dabei darf nicht übersehen werden, dass es bei uns, wie in jedem kleinen Ort, so etwas wie die NSA schon immer gegeben hat. Nur, dass diese ganz konkrete Namen hatte. Diese Personen bekamen Ehrentitel wie die Dorftratschen. Dabei handelte es sich um Frauen, die die schwere Bürde auf sich nahmen ihre Nachbarn, Bekannten, Verwandten und auch alle anderen, lückenlos zu beobachten. Das setzte Mut und Einsatz voraus, denn nicht immer wurde das gerne gesehen, aber seien wir uns mal ehrlich, nur von denen nicht, die was zu verbergen hatten. Sie ließen sich nicht irre machen und auch nicht verunsichern, und setzten tatkräftig ihr Werk fort. Man kann daraus ersehen, dass sie es alles andere als leicht hatten, und dennoch fuhren sie fort. Manchmal entlud sich der Volkszorn geradezu über sie, auch wenn viele es nicht wagten aufzubegehren, aus Sorge, dass diese Damen zum Gegenschlag ausholen und ein gutgehütetes Geheimnis preisgeben könnten. Doch das ist nun alles vom Tisch, denn man muss die Vorteile bedenken. Damit die Wirtschaft, die Industrie, die Gemeinde darüber informiert ist, was jemand will oder braucht, ist es von nun an nicht einmal mehr notwendig aus dem Haus zu gehen. Man sitzt in seinem Wohnzimmer und spricht über seine Bedürfnisse, und diese werden gesammelt, so dass darauf reagiert werden kann.

Lückenlose Überwachung, das bedeutet ebenso, lückenlose Bedarfserhebung und –erfüllung. Soziale Sanktionen bei Verstößen können punktgenau angebracht werden, aber auch Ratschläge und Verhaltensmaßregeln, falls jemand einmal in Erziehungsfragen z.B. nicht weiter weiß oder einfach nur vergessen hat, ob die Suppe schon gesalzen wurde oder nicht. Und jeder von uns weiß wie fürchterlich eine Suppe schmeckt, die zu viel gesalzen wurde. All diese Vorteile wurden zusammengetragen und in eben jener legendären Nacht darüber abgestimmt. In dieser Abstimmung sprach sich der Souverän einstimmig für die lückenlose Überwachung aus. Böse Zungen behaupten zwar, dass dieses Ergebnis nur zustande kam, weil auch die Wahlkabinen lückenlos überwacht wurden, aber wir wissen leider nur allzu gut, dass es immer jemanden geben wird, der eine Errungenschaft schlecht redet. Und schließlich geschieht nichts anderes, als bei Google, Amazon und Co. schon längst praktiziert wird. Ist es nicht sehr vernünftiger dies in den eigenen Händen zu behalten. Also jeder, der diesen Komfort genießen will und sich demokratiepolitisch reif genug dafür fühlt, ist herzliche eingeladen in unseren wunderbaren Ort eine neue Heimat zu finden.

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