Ein kleiner Irrtum?
Unser sehr verehrter Herr Bürgermeister
zeichnete sich wieder einmal durch besondere Bürgernähe aus und wurde auch
gleich mit einem verheerenden Fall der Illoyalität für dieses Entgegenkommen
belohnt. Wir wollen uns nicht anmaßen hier ein Urteil zu fällen, denn das
möchten wir unseren Lesern selbst überlassen:
Frau Liselotte Bragringer, geb. Waritschik,
wohnhaft Hauptstraße 251 in Mustermannshausen, geboren ebenda am 31. Januar
1966 (alle Angaben zur Person werden selbstverständlich vertraulich behandelt
und sind nur der Redaktion bekannt), erzählte folgende haarsträubende
Geschichte: „Ich war vor ungefähr drei Wochen bei einer Routineuntersuchung
beim Arzt. Im Zuge dessen wurde ein Polyp festgestellt, der mutmaßlich schon
relativ groß war. Dieser müsse auf jeden Fall und auf schnellstem Wege operativ
entfernt werden, denn sonst geschähe Schlimmes, versicherte mir mein Arzt. Ich
war natürlich sehr nervös und betroffen, wie sich jeder vorstellen kann, auch
wenn mir der Arzt des Weiteren versicherte, dass es sich durchaus um einen
gutartigen Polypen handeln wird und es sich dabei um einen Routineeingriff
handelte. Ich würde gar nicht viel davon merken. Ich begab mich also
anschließend mit den nötigen Befunden in das städtische Krankenhaus, woraufhin
ich zwei Stunden warten musste bis die Befunde begutachtet wurden. Anschließend
wurde mir erklärt, dass man diese Befunde nicht so einfach übernehmen könne,
sondern die zuständigen Mediziner müssen sich selbst ein Bild machen. Außerdem
seien die Befunde schon alt, immerhin vom selben Vormittag und es sei
gewissenlos das nicht nochmals zu überprüfen. Also wartete ich weiter um die
selben Prozeduren nochmals über mich ergehen zu lassen. Danach wurden mir neue
Befunde übergeben, und als ich mich von der Nachtschwester verabschiedete, ging
ich nicht ohne die Gewissheit, mir bereits am nächsten Tag einen
Operationstermin geben lassen zu können. Mein Anerbieten doch gleich zu warten
wurde abgelehnt, denn schließlich wäre ich ja krank und müsse mich ausruhen. So
konnte ich zumindest noch vier Stunden Schlaf bekommen, bevor ich mich wiederum
auf der Station einfand. Den Vormittag verbrachte ich mit einer ausgedehnten
Lektüre, während ich darauf wartete vorgelassen zu werden um meinen
Operationstermin zu erhalten. Nach nicht einmal fünf Stunden Wartezeit erhielt
ich selbigen, nicht ohne den freudigen Unterton, dass ich bereits in drei
Monaten an der Reihe wäre. Nachdem ich schwer krank war, ging ich weiter meinem
normalen Leben nach, um mich denn zum vereinbarten Termin einzufinden. Um acht
Uhr morgens kam ich ins Krankenhaus. Nachdem ich über meine Rechte und
Pflichten, ebenso wie über die völlige Schuldlosigkeit für alle Vorkommnisse
vor, während und nach der Operation durch die beteiligten Personen, ausgenommen
meiner eigenen Person aufgeklärt wurde und dies auch schriftlich kundtat,
während ich bereits die Vorwehen der Narkose genoss, wagte ich einzuwerfen,
dass man sich den Polypen nochmals ansehen sollte bevor man mich aufschnitte,
aber dieses Ansinnen wurde abgewiesen, denn schließlich wäre er vor drei
Monaten da gewesen und das wäre doch viel zu aufwendig da noch ein Ultraschall
zu machen. Außerdem könnte die Maschinerie, einmal in Gang gesetzt, nicht mehr
aufgehalten werden. So sank ich in Schlaf, und als ich einige Stunden später
aufwachte fühlte ich keinen Schmerz. Schließlich war ich prophylaktisch mit
Morphium versorgt worden. Am nächsten Morgen erschien der Oberarzt und
herrschte mich in scharfem Ton an, dass es doch eigentlich eine Frechheit wäre,
ich ließ so viele Menschen arbeiten und verheimlichte, dass ich gar keinen
Polypen hatte. Damit hätte er nicht nur ein wichtiges Golfspiel, sondern auch
seine Chancen auf den Titel verpasst. Es wäre schon eine Unverfrorenheit. Damit
zog er ab, und ich dachte mir nur noch, wie schön das Leben doch sei, wenn man
so gut betreut ist. Mittlerweile bekomme ich das Morphium auf Rezept.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen