Lob des freien Unternehmertums
Wir leben in einem freien Land, in dem
jeder seine Meinung sagen darf. Jeder einzelne Staatsbürger darf das – alle vier
Jahre bei der Wahl. Das muss doch wohl genügen. Schließlich muss ja die
Regierung dazwischen einmal in Ruhe arbeiten dürfen und man kann nicht von
jedem verlangen, dass er die komplexen Zusammenhänge versteht. Deshalb trafen
sich, aus gegebenem Anlass hochrangige Vertreter der Regierung unter dem Siegel
der Verschwiegenheit und inkognito in Mustermannshausen um einen brisanten Fall
zu besprechen. Beteiligt am Gespräch waren der Bundeskanzler, der
Finanzminister, unser sehr verehrter Herr Bürgermeister und ein gewisser
Geschäftsmann, der dieses Treffen notwendig machte. Natürlich drang kein Wort
dieser geheimen Unterredung an die Öffentlichkeit. Nun folgend das Gespräch im
Wortlaut.
Geschäftsmann: Herr Bundeskanzler, Herr Finanzminister, Sie sehen sicher ein, dass
es wohl Ihre Pflicht ist mir, respektive meinem Unternehmen unter die Arme zu
greifen. Sie dürfen nicht vergessen, es geht immerhin um 4.000 Arbeitsplätze.
Bürgermeister: Unbedingt, das müssen wir tun, 4.000 Arbeitsplätze.
Bundeskanzler: Wie schon sagte unser ehemaliger Parteivorsitzender: Mir machen 200
Arbeitslose mehr Sorgen als 19 Mrd. Schulden? Dieser Tradition bleiben wir
treu. Natürlich stehen wir dem freien Unternehmertum immer noch skeptisch
gegenüber, aber hier geht es schließlich um Wähler, Verzeihung um Schicksale.
Bürgermeister: Völlig richtig. Wen interessieren schon 19. Mrd. Zahlen ja die
Steuerzahler, und die verstehen schon, dass es notwendig ist.
Finanzminister: Und was bleibt für uns? 4.000 Wähler für Euch und einer für uns.
Wir setzen uns für das freie Unternehmertum ein, und dazu gehört, dass ein
Unternehmen, das nicht ordentlich geführt wird oder vom Konsumenten nicht
angenommen wird, vom Markt wieder verschwindet.
Bürgermeister: Ganz Ihrer Meinung. Der freie Markt muss gewahrt werden.
Geschäftsmann: Sie wollen mir also Führungsfehler vorwerfen? Mir vorwerfen, dass
wir am Markt vorbeiarbeiten würde. Außerdem bin ich auch bereit meine
Kunstsammlung an den Staat zu stiften als Gegenleistung.
Bundeskanzler: Das nenne ich doch ein großartiges Angebot. Wir bekommen eine
Kunstsammlung im Wert von einer Mill. und schießen dafür 14 Mill. zu. Das ist
doch ein gutes Geschäft. Dafür wird sich der Steuerzahler begeistern können.
Schließlich ist er sehr kunstinnig, und dazu noch die Arbeitsplätze.
Bürgermeister: Völlig richtig, Herr Bundeskanzler. Da bin ich ganz Ihrer Meinung.
Finanzminister: Aber wir haben das Budget sowieso schon so weit überzogen. Das
können wir doch nicht mehr machen. Wir haben dann überhaupt keinen Spielraum
mehr für die halbjährliche Erhöhung der Politikergehälter oder die Verdoppelung
der Diäten. Man muss sich schon sehr gut überlegen was wichtiger ist.
Bürgermeister: Also wenn Sie das so sehen, dann ist das natürlich keine Frage,
nein, wir können nicht helfen.
Geschäftsmann: Aber meine Herren, da wäre doch noch der Urlaub in meinem kleinen
Schlösschen in der Bretagne. Ich denke, ich kann es für Sie freimachen für
einige Wochen. Was sagen Sie dazu?
Bundeskanzler: Unter diesen Umständen, und zum Wohl unseres Landes, ja, wir werden
Ihnen unter die Arme greifen, völlig uneigennützig.
An dieser Stelle haben wir uns
zurückgezogen, denn es wurde doch sehr intim, aber es hat sich bestätigt was wir
schon immer wussten: Politiker machen immer das, was für das Land und die
Menschen das Beste ist, ohne Ansehen der eigenen Person.
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