Sonntag, 21. Juni 2015

Miteinander, 21. Juni 2015:


Klare Verhältnisse

Mit einem Dorf ist es wie mit einer Wohnung. Einige Räume nutzen alle Bewohner dieser Bewohnung gemeinsam, so wie die Küche oder das Badezimmer oder das WC. Andere wiederum sind für den exklusiven Gebrauch vorbehalten. So longieren im Kinderzimmer – wie der Name schon sagt – die Kinder, wohingegen die Erwachsenen sich in der Regel das sog. „Schlafzimmer“ teilen. Daran wird sich auch keiner kehren, doch wenn dieses Prinzip auf den öffentlichen Raum übertragen wird, so werden immer wieder Stimmen laut, die sich dagegen aussprechen. Sofort wird von Ausgrenzung gesprochen. Doch wofür dienen diese separaten Räume? Dazu, dass Menschen auch für sich sein können bzw. unter Ihresgleichen. So ist es doch legitim, dass sich – wiederum auf den öffentliche Raum bezogen – auf einem Kinderspielplatz Kinder tummeln. Die notwendigen Aufsichtspersonen müssen sich natürlich auch dort aufhalten. Doch wenn nun ein Schild aufgestellt wird, dass sich hier nur mehr Kinder und deren Aufsichtspersonen hier aufhalten dürfen, dann geht das große Geschrei los warum der nun für diese Personengruppe reserviert ist. Natürlich wollten sie nicht am Spielplatz gehen, aber sie wollen sich zumindest dafür entscheiden können sich dagegen zu entscheiden. Ebenso verhielt es sich mit den Kaffeehäusern als dort noch geraucht werden durfte. Mitten drinnen saßen immer wieder Mütter mit kleinen und kleinsten Kindern, die sich über das Rauchen beschwerten. Nun, warum mussten sie hineingehen? Umgekehrt gilt jetzt, da nicht mehr geraucht werden darf, dass ich nicht hineingehen muss, wenn es mir nicht gefällt. Kurz gesagt, immer wieder fanden und finden sich Menschen, die sich über irgendetwas beschwerten. Nun soll dem endgültig ein Riegel vorgeschoben werden. Damit jeder unbehelligt unter sich sein kann, werden entsprechende Räume für bestimmt Gruppen geöffnet. So wird angedacht einen Kleinkindbereich zu machen, für jene Altersgruppe, die einer Aufsichtsperson bedürfen – daneben wird es selbstverständlich auch einen solchen für alte Menschen mit eben solcher Bedürftigkeit geschaffen. Des Weiteren wird es einen Bereich für Jugendliche geben, der sich vor allem durch schalldichte Isolierung und unzerstörbare Wände auszeichnet, so dass sie toben und randalieren können wie sie wollen. Die, die sich gut benehmen erhalten einen Raum, der nichts enthält als Steckdosen und freien Internetzugang, so dass sie sich unkommunikativ und unproduktiv dem Genuss elektronischer Geräte hingeben können. Auch wird es einen Bereich für Hundemenschen geben, und weit weg einen solchen für Hundegegner. Da können sich dann beide Gruppen austauschen und beweihräuchern wie wir es von unseren Kirchen gewöhnt sind. Ebenso notwendig erscheinen Räume für die Ausübung der verschiedensten Laster, wie des Rauchens und des Exhibitionismus. Besonders die Forderung „Exhibitionisten unter sich“ stieß auf großes Wohlwollen und eine große Bereitschaft der Annahme des Beschlusses. Unklar ist jedoch noch wohin mit desorientierten Männern, die verlassen wurden oder verzweifelten Funktionären, für die beim besten Willen kein Posten mehr gefunden werden konnte. Aber vielleicht kann für diese ein entsprechendes Flüchtlingsheim errichtet werden, so dass der Bund für die Lebenshaltungskosten aufkommen muss – denn für beide Gruppen gilt, dass sie verbrannte Erde gleich einem Kriegsgebiet hinter sich lassen, so dass es durchaus legitim ist von Kriegsflüchtlingen zu sprechen. An der Anerkennung wird noch gearbeitet. Zuletzt darf auf die Hausfrauenriege nicht vergessen werden, die nach erfolgreicher Entlassung der Kinder in ein eigenes Leben und ebensolcher Scheidung vom untreuen Ehemann nun – gut geschieden – ganz alleine in einer noblen Unterkunft sitzen und die Hände in den Schoß legen müssen. Wenn diese mit den Funktionären oder den ausgesetzten Männern zusammengebracht werden könnten, erfolgreich an deren Mutter- bzw. Beschützerinstinkt appellierend, bevor sie auf die Idee kämen sich einen Hund oder eine Katze anzuschaffen, wären alle drei Gruppen versorgt, und es wäre endlich Platz für einen gemütlichen Heurigen, reserviert für Bürgermeister und andere hochstehende Persönlichkeiten. Und dann würden auch endlich klare Verhältnisse herrschen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen