Sonntag, 24. November 2013

Wirtschaft, 24. November 2013


Alles Leben ist Wirtschaft? (1): Existenzbedürfnis Schlaf und künstliche Bedarfsweckung


Nichts liegt mir ferner als hier eine Lehrstunde in Sachen Betriebs- und Volkswirtschaftslehre abzuhalten, nach dem Motto „Liebe Kinder, hört gut zu und lernt“, sondern ich möchte ein paar Gedanken zusammenfassen, die mir auf der Seele brennen, weil ich denke, dass wir ein Spiel mitspielen, in dem uns vorgegaukelt wird, dass wir als Konsumenten Mitspieler und Macher sind, dass wir die Regeln mitbestimmen können. Dabei sind wir nichts weiter als Spielfiguren auf dem Spielbrett, das andere entworfen haben, das ihren Zwecken dient und dessen Regeln uns verschleiert werden. Die Grundlage dieses Spieles heißt: Markt. Jeder, der schon einmal einen Blick auf die Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre geworfen hat, wird eines feststellen. Ganz am Anfang stehen die Bedürfnisse, wobei unterschieden wird zwischen Existenz-, Grund- und Luxusbedürfnissen. Dies ist insofern von existenzieller Bedeutung, als dass es genau um diese Bedürfnisse geht, die so etwas wie einen Markt schaffen und das Dasein von Betrieben und Unternehmen rechtfertigen, die vorgeben diese Bedürfnisse zu befriedigen.  Natürlich ist es einleuchtend, dass existentielle Bedürfnisse befriedigt werden müssen. Sie sichern ganz banal das Überleben. Jeder von uns muss atmen, schlafen, trinken, essen und sich warm halten. Noch können wir ohne weiteres atmen und schlafen, ohne dazu einen Markt zu benötigen, auf dem die entsprechenden Utensilien angeboten werden, obwohl auch schon der Schlaf unter die Fittiche gewiefter Geschäftsleute gerät, die erkennen, dass immer mehr unter Schlafproblemen, in welcher Form auch immer, leiden. Schwupps, schon ist ein Markt da, angefangen bei der Pharmaindustrie, die uns verspricht mit Hilfe einer grünen Tablette könnte man gut einschlafen und mit Hilfe einer blauen gut aufwachen. Wie wir die blaue vor dem Aufwachen schlucken, das wird auch noch gelingen  und wir werden es schlucken. Wundert mich, dass wir nicht schon längst satt sind von all dem was uns die Industrie tagtäglich zu schlucken aufgibt, dass wir es nicht schon längst wieder auskotzen, aber ja, da gibt es auch eine Pille. Aber mit den Pillen alleine ist es noch nicht getan. Es soll ja Menschen geben, die keine Pillen wollen, merkwürdigerweise, nun, dann kann man ja mal einen anderen Polster, eine andere Matratze ausprobieren. Daneben wäre dann noch ein Lufterfrischer oder ein Luftreiniger angesagt, vielleicht eine Auralampe oder ein Stimmungsverbesserungsgerät, ein Traumstimulations- oder ein Gedankenberuhigungsgerät. Und nicht zu vergessen, den Stimulator, der den eigenen Schlaf-Wach-Rhythmus aussticht. Et voilà, schon haben wir einen neuen Markt für die Dinge, die kein Mensch braucht und auf dem trotzdem viel Geld ausgegeben wird. Werden nun die Unternehmer, die diesen Markt bedienen gefragt warum sie das denn täten, so kommt zur Antwort, dass sie doch nur eine gegebene Nachfrage bedienen. Wenn sie es nicht täten täte es jemand anderer. Aber könnte man den Menschen nicht sagen, dass es helfen könnte das Fenster zu öffnen und die Zimmer durchzulüften um besser zu schlafen, so dass all diese Apparaturen nicht notwendig sind. Will ich nicht riskieren, dass ich zumindest verbal gekreuzigt werde, werde ich es tunlichst lassen dies zu sagen, denn damit zerstöre ich einen ganzen Markt. Was doch da alles dranhängt. Handelsbetriebe, Zulieferbetriebe, Transportwirtschaft, Erzeugungsbetriebe und nicht zuletzt die Entsorgungsbetriebe, die alle Menschen beschäftigen, die davon leben. Von den Familien gar nicht zu reden. Wenn Du sagst, die Menschen sollten das Fenster öffnen, dann zerstörst Du das Leben vieler tausend Menschen. Und nachdem ich doch ein soziales Gewissen habe, darf ich das nicht sagen. Bloß noch eine Frage: Warum gibt es eigentlich all die Industrie und den Handel für die Dinge, die den Schlaf verbessern? Und die entsprechende Antwort kann nur sein, weil es eine Nachfrage gibt. Und warum gibt es die Nachfrage? Weil das Bedürfnis besteht. Und warum gibt es das Bedürfnis? Weil es ein Angebot gibt. Und warum gibt es ein Angebot? Weil es eine Nachfrage gibt. Tja, da hat sich doch die Katze ganz schön in ihrem Schwanz verbissen, und kommt nicht mehr los, als hätte sie eine Kiefersperre. 

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