Nutzen oder Nicht-Nutzen – das ist hier die Frage
Ein aufstrebender junger Wirtschaftswissenschafter hielt am
gestrigen Abend einen immens interessanten Vortrag im Gasthaus „Wilder Ochse“,
den wir uns erlauben im Wortlaut wiederzugeben:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist mir eine große Ehre hier heute zu Ihnen sprechen zu
dürfen, und ich bin überzeugt, dass jeder von uns Nutzen daraus zieht. Sie, indem
Sie bestimmte, eingefahrene Denkstrukturen endlich ändern, und ich, weil ich
ein entsprechendes Honorar beziehe. Meine Gedankengänge sind selbstverständlich
durch neoliberales Gedankengut geprägt, nicht zuletzt aufgrund meines
wunderbaren Lehrers Milton Friedman, dem bekanntermaßen nichts Heilig ist, denn
alles, was unsere Denkmöglichkeiten hemmt, verhindert den Fortschritt und damit
die Freiheit. So war es bisher üblich im Bereich der Tiere zwischen solchen zu
unterscheiden, die einen Nutzen haben und solchen, die keinen Nutzen haben. Ich
möchte dafür den Begriff Nicht-Nutzen verwenden, da er sich besser
kontrastiert. Nutzen hatten solche Tiere, die etwas haben, was dem Menschen von
Nutzen ist, entweder in Form einer Leistung wie bei einem Jagdhund oder in Form
eines Erzeugnisses, das sich immer wieder reproduzieren lässt, da die
Grundsubstanz erhalten bleibt, wie z.B. Hühner, die Eier legen oder Kühe, die
Milch produzieren oder in Form der Verwendung des Tierkörpers an sich oder
eines Teiles davon. Diese Tiere, die einen Nutzen haben, sind wirtschaftlich
von Bedeutung. Der emotionale Nutzen, der dem einen oder anderen Lebewesen
nachgesagt wird, ist nur insofern von Interesse für das Leben – und alles Leben
ist Wirtschaft – als es sich handelt lässt, so etwa in Form von Welpen, die
gekauft bzw. verkauft werden können und so einen Anteil an der Steigerung des
BIP haben. Dies mag wohl unbestritten sein, doch warum sollten wir bei Tieren
und anderen Lebewesen stehenbleiben? So kann dieses Konzept des Nutzens oder
Nicht-Nutzens durchaus auch auf den Menschen übertragen werden, so dass wir nun
unterscheiden können zwischen Menschen, die einen Nutzen haben und solchen mit
einem Nicht-Nutzen. So haben arbeits-, denk- und konsumfähige Menschen einen
Nutzen. Sie erbringen ihre Arbeitsleistung, so dass Arbeitsplätze ausgefüllt
werden und wirtschaftlich relevante Tätigkeiten verrichtet werden. Sie
erbringen Denkleistungen, die im besten Fall zu Innovationen führen, die
wiederum das Angebotsspektrum erweitern oder die Produktionsmöglichkeiten.
Andererseits aber haben sie den Nutzen, dass sie die erzeugten Produkte wieder
konsumieren, so dass das eingesetzte Geld zuverlässig wieder in die Hände
fließt, in die es gehört. Bisher wurden diese Menschen mit Nutzen euphemistisch
als Humankapital bezeichnet, was nicht ganz richtig ist, denn Kapital muss man
weder füttern noch mit Kleidung versorgen oder Wohnraum. All diese
Anforderungen stellen aber Menschen. Dabei gilt zu beachten, dass dies alle
Menschen fordern, unabhängig ob sie von Nutzen sind oder von Nicht-Nutzen. Sind
sie von Nutzen, so gilt es adäquate Bedingungen betreffs Versorgung zu
schaffen, dass sie diesen Nutzen auch erfüllen können. Mit einem Tier von
Nutzen würden wir ganz genau so verfahren, denn eine Investition, die
voraussichtlich eine Rendite erbringt muss man pfleglich behandeln. Was
geschieht aber mit einem Tier, das einen Nicht-Nutzen erbringt? Man wird es
nicht weiter füttern und wärmen und behüten, denn es erbringt keine Rendite
mehr. Man wird es also eliminieren. Ebenso sollte man mit Menschen verfahren,
die einen Nicht-Nutzen erbringen, denn sie erbringen nicht nur keine Rendite, sondern
verschlingen auch noch knappe Ressourcen, die anderweitig dringend benötigt
werden. Menschen mit einem Nicht-Nutzen, also solche, die entweder nicht mehr
arbeits- oder denk- oder konsumfähig sind, sollten ebenso rasch und schmerzlos
eingeschläfert werden wie alle anderen Lebewesen in dieser Situation. Dies wäre
eine optimale Lösung für alle Verteilungsprobleme und würde endlich die völlige
Gleichheit aller Lebewesen bedeuten, die nur von der Ökonomie wirklich
anerkannt wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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